Der Besuch der französischen Grundschullehrkräfte in der Bodelschwinghschule im Februar 2025 führte zu einem intensiven Austausch und einer engen Vernetzung unserer Schule mit der Ecole Primaire Maria Montessori in Lille (siehe vorherige Artikel) und weckte meine Neugier auf die Besonderheiten des französischen Schulsystems. Die Fragen, die unser Schulalltag bei den französischen Kolleginnen aufwarf und ihre Erklärungen zu ihrem eigenen System, lenkten mein Interesse insbesondere auf folgende Themen:
- Verpflichtender und kostenloser Schulbesuch im Ganztag (8:20 bis 16:30 Uhr) für alle Kinder ab 3 Jahren in einem System, das Früherziehung („Ecole Maternelle“) und Grundschule („Ecole Primaire“) eng verzahnt unter einem Dach vereint?
- Verbindliche schulische Lerninhalte (wie Buchstaben und Zahlen) im Kindergartenalter?
- Sprachunterricht ab 3 Jahren mit Fokus auf die französische Sprache, aber auch wöchentlicher Fremdsprachenunterricht in Deutsch, Englisch und Spanisch?
- Inklusiver Schulbesuch für alle Kinder bei Unterstützung durch ambulante Sonderpädagogen?
Mit Erasmus+ erhielt ich die Möglichkeit den schulischen Alltag der Ecole Primaire Maria Montessori eine Woche intensiv zu erleben und in einen tieferen Austausch mit Schulleitung und Lehrkräften, aber auch Eltern und Kindern zu gehen. Hilfreich war dabei die unglaubliche Gastfreundschaft und Offenheit aller, die sich darum bemühten mich zu integrieren, mir alles zu zeigen und meine Fragen zu beantworten.
So erhielt ich vielfältige Einblicke in den Unterricht, insbesondere Spracherwerb, -festigung und -erweiterung (in Französisch und Fremdsprachen), Lese-, Erzähl- und Schreibmethoden und mathematische Grundbildung, Inklusion, künstlerische und sportliche Projekte innerhalb der Schule und außerschulisch in Kooperation mit städtischen Einrichtungen, Festlichkeiten mit starker Partizipation der Elternschaft.
Was mich im Hinblick auf schulisches Lernen besonders beeindruckt hat?
Die Angleichung der Startchancen aller Kinder durch frühe verbindliche kostenlose institutionelle Bildung. Die zusätzliche Zeit (auch durch den verbindlichen Ganztag) führt zu einem deutlichen „Mehr“ an Entwicklungs- und Lernzeit in allen Bereichen, aber insbesondere im Sozialen und in der Sprachentwicklung. Hinzu kommt in der Ecole Maria Montessori die klare durchgängige Fokussierung auf Sprachbildung unter Vereinbarung verbindlicher Methoden in allen Altersklassen, die erkennbar allen Kindern zu Gute kommt.
Was ich „mitnehme“ aus meinem Job Shadowing?
Vielfältige intensive Einblicke in das französische Schulsystem, aber auch in Kultur und Sprache der modernen, sich im strukturellen und ökologischen Wandel befindlichen im besten Sinne europäischen Stadt Lille und ihrer Bewohner. Daraus resultierend neue Methoden und Anregungen, die in Absprache mit den KollegInnen an der Bodelschwingschule erprobt werden könnten. Viele Denkanstöße zur Reflektion meines eigenen Unterrichts. Und nicht zuletzt die (überraschende, aber freudige) Erkenntnis, dass die in unserem Alltag an der Bodelschwinghschule fest implementierten und alltäglich genutzten Methoden „Offenen Unterrichts“ den französischen KollegInnen von ihren Qualitätsprüfern zur weiteren Verbesserung des Unterrichts empfohlen worden sind.
(Juni 2025, Cordula Selke)